Theodor Steltzer (1885-1967)
Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs schwer verwundet, kam er 1915 zur Obersten Heeresleitung für das Feldeisenbahnwesen. Schon in dieser Phase des Krieges befürwortete Steltzer einen Verhandlungsfrieden. Nach dem militärischen Zusammenbruch wurde er Verbindungsoffizier bei der Demobilmachungskommission beziehungsweise bei der Waffenstillstandskommission.
Im Juli 1919 plädierte Steltzer in einem Artikel der „Sozialistischen Monatshefte“ unter dem Titel „Die Überwindung der Gewaltpolitik“ für eine Verständigung mit den Nachbarn Deutschlands, insbesondere mit Frankreich.
Im September 1920 wurde Steltzer zum Landrat des Kreises Rendsburg ernannt. Die Schwerpunkte seiner politischen Tätigkeit setzte er in der Agrarwirtschaft, der Sozialfürsorge, dem Aufbau der Volkshochschularbeit und einer verstärkten Selbstverwaltung der unteren Ebenen. Da er sich offen als Gegner der Nationalsozialisten zu erkennen gab, wurde er im April 1933 seines Amtes enthoben. Eine Anklage wegen Dienstvergehens und Hochverrats brachte ihm eine monatelange Haftzeit ein, bis schließlich das Verfahren gegen ihn wegen nicht erwiesener Schuld eingestellt werden mußte.
Da Steltzer auf Grund seiner politischen Einstellung im Staatsdienst keine Anstellung mehr finden konnte, arbeitete er im kirchlichen Bereich. Er schloß sich der Evangelischen Michaelsbruderschaft in Marburg an und übernahm 1936 die Leitung des Sekretariats, die ihm zahlreiche Aktivitäten im In- und Ausland ermöglichte. Schon damals kam Steltzer in engen Kontakt zu Gablentz und knüpfte erste Verbindungen nach Skandinavien.
1939 wurde Steltzer zur Wehrmacht einberufen und im August 1940 als Transportoffizier nach Norwegen versetzt. Steltzer besetzte nach und nach seinen Arbeitsstab mit Freunden und Vertrauten, die seine politische Meinung teilten. Er nahm eine enge Fühlung zum norwegischen Widerstand auf, insbesondere zu Arvid Brodersen und Eivind Berggrav, dem lutherischen Bischof von Oslo.
Durch die Vermittlung von Gablentz lernte er Moltke kennen. Es entwickelte sich eine enge Mitarbeit im Kreisauer Kreis. Steltzer beteiligte sich an den Planungen des zukünftigen Staatsaufbaus, der Kirchen- und Kulturpolitik und der europäischen Einigung. Zur ersten und zweiten Tagung reiste er 1942 nach Kreisau. Auch an Besprechungen des Kreises in Berlin nahm er teil. Gemeinsam mit Moltke setzte sich Steltzer für norwegische Juden und andere Verfolgte ein und knüpfte über den norwegischen Widerstand Kontakte nach England.
Nach dem 20. Juli 1944 wurde Steltzer, der als politischer Beauftragter für Schleswig-Holstein vorgesehen war, nach Berlin beordert und von der Gestapo verhaftet. Am 15. Januar 1945 verurteilte ihn der Volksgerichtshof zum Tode. Auf Grund der Bemühungen einflussreicher schwedischer und norwegischer Freunde konnte die Hinrichtung aufgeschoben werden und Steltzer wurde am 25. April 1945, beim Herannahen der russischen Armee, aus dem Gefängnis entlassen.
Nach Kriegsende gehörte er zu den Mitbegründern der CDU in Berlin und war von 1945 bis 1947 Oberpräsident beziehungsweise Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein. Danach gründete er die überparteiliche Gesellschaft „Mundus Christianus“, die Kreisauer Gedankengut aufnahm.
1955 wurde er zum geschäftsführenden Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn ernannt, ein Jahr später zum Präsidenten der UNESCO-Kommission. In den folgenden Jahren setzte er sich deutlich von der Ost- und Deutschlandpolitik der CDU ab.
Am 27. Oktober 1967 starb Theodor Steltzer in München.